Mentaltraining „150+ Pfeile Challenge“

Am Sonntag, dem 19.11.2017, fand in der Osterfeldhalle ein sog. Mentaltraining statt. In diesem Training ging es darum, die mentale (= geistige, seelische, innere) Einstellung zum Bogenschießen/Treffen/Besserwerden weiter zu entwickeln. Jeder der 14 TeilnehmerInnen hatte allerdings höchst individuelle Motive für diese Weiterentwicklung, wie z.B.:

– “… stets gute Ergebnisse im Training, aber weniger im Wettkampf.”
– “… Ärger über nerviges Geschwätz vom Scheibenpartner …”
– “… Kennenlernen von neuen mentalen Trainingsmethoden für meine Arbeit als Trainer.”
– “… meine eigene Konzentrationsfähigkeit steigern …”
– “… Reduzieren des Stressniveaus speziell in der XY-Meisterschaft …”

Diese Vielfalt der Motive schien zunächst eine schwierige Aufgabe zu werden für den Mentaltrainer Bernhard Strobel aus Maisach ( https://www.bernhard-strobel.de/ ). Hinzu kamen auch noch große Unterschiede bei den Teilnehmern hinsichtlich Alter, Leistungsansprüchen und Bogenklassen. Doch Bernhard Strobel blieb souverän, ideenreich und geduldig. Er hatte für jedes Problem verschiedene Lösungen anzubieten.IMG-20171119-WA0011

Sein professionelles Programm für die sieben Stunden bedeutete nicht nur mindestens 150 Pfeile in Passen von 3 bis 8 Pfeilen (das alleine brachte mich als untrainierten Blankbogenschützen überdeutlich an meine Grenzen). Das Programm bedeutete vor allem: Schweigen, bei-sich-Bleiben, in-sich-Hineinhören-und -fühlen (auch das müsste für mich, in meiner Rolle als Pressesprecher, ein nicht lösbares Problem sein, aber ich kam sehr gut damit zurecht).

Schon die erste Schießübung (5 m, 3 x 6 Pfeile, abgeklebtes Visier, ohne Auflage) war besonders aufschlussreich. Wir sollten uns beim Schießen nicht auf die Scheibe konzentrieren, sondern wir sollten während des Schießens darauf achten, welche Gedanken uns dabei durch den Kopf gehen.   Und alleine das erzielte Trefferbild zeigte schon – ohne ausgesprochene Worte – welche Gedanken jeder einzelne Schütze beim Schießen hatte, wie z.B.:

– “Ich will eine möglichst enge Gruppe möglichst genau mittig auf der Scheibe erzielen.”
– “Ich wähle die linke obere Scheibenecke aus, um die Scheibenmitte zu schonen.”
– “Ich setze meine Pfeile mittig möglichst perfekt übereinander auf einer senkrechten Linie mit gleichmäßigen Abständen von je 10 cm.”
– “Ich schieße immer nur zwei Pfeile möglichst dicht nebeneinander.”

Zusammengefasst bedeutete das, dass wir alle beim Schießen hauptsächlich (= im wahrsten Sinne des Wortes!) kopfgesteuert handeln. Die Gefahr dabei ist, dass wir dabei die Stärken und die Schwächen unseres Körpers missachten und deshalb einen besseren Erfolg verschenken. Die anschließenden Übungen sollten uns deshalb bewusst machen, wie wichtig es ist, auch auf unseren Körper zu achten, wie z.B.:

– Welche Muskeln sind angespannt? Notwendigerweise oder unnötig?
– Welche Muskeln schmerzen?
– Was lenkt mich ab?
– Wie atme ich beim Auszug?
– Wie gleichen bzw. unterscheiden sich meine Bewegungsabläufe von Schuss zu Schuss?
– Wie gut und wie genau kann ich meine Bewegungsabläufe geistig wiederholen?
– Wie gut kann ich das Bogenschießen als genießendes Gefühl erleben?

In diesen Übungen haben wir unsere Bewegungsabläufe mit verbundenen Augen ausgeführt, sowohl ohne Bogenausrüstung wie auch mit ihr (letzteres natürlich unter Kontrolle eines Partners!). Diese Übung war für mich besonders gewinnbringend, weil ich dabei meinen Körper viel intensiver gespürt habe, ohne von der Scheibe oder den Nachbarn abgelenkt zu sein. Ich habe in einer anderen Übung ganz deutlich eine Entspannung und Beruhigung meiner Haltung erfahren, wenn ich beim Auszug ausatme und dabei einen gleichbleibenden Ton summe. Verblüffend deutlich positiv für das Trefferergebnis war für mich, wenn ich mich während einer Passe an ein ganz besonders wichtiges Erfolgserlebnis erinnern konnte. Mein vergleichender Versuch, den vermutlich konträren Einfluss eines schlimmen Negativerlebnisses zu testen, hatte zu keiner Wirkung geführt. Auch gut.

So konnte jeder Teilnehmer viele Methoden testen und seine individuell unterschiedlich hilfreichen  Erfahrungen machen. Es war auch genügend Zeit im Programm, um seine persönlichen Lernschritte, Stimmungen, Gedanken und Schlussfolgerungen in ein Heft einzutragen. Beim Lesen meiner eigenen Einträge – heute, nach einer Woche – bin ich ganz froh, mir Notizen zu Mängeln an meiner Ausrüstung gemacht zu haben, die ich sicherlich schon wieder vergessen hätte, weil ich mich schon seit Jahren an sie gewöhnt habe.

Am Ende des Trainings sollten wir alles Gelernte noch einmal bewusst in die Tat umsetzen: Alle nacheinander auf eine Scheibe, jeder 1 Pfeil, 18 m, Gold 10 cm Durchmesser. Oh je! Ich bin der letzte! Alle schauen zu! Und die Pfeilegruppe ist so eng beieinander! Und meine Muskeln sind völlig am Ende! Und das mit einem Blankbogen … Egal, was soll’s, ich ziehe aus und lasse los. Zack! Mitten in die Pfeilegruppe! Was war das für ein schöner Tag! Danke BCI-Organisatoren! Danke Mitschützen! Danke Bernhard Strobel!

Rudi Kreutzer